Symposium zum Stromausfall in Berlin

„Symposium Stromausfall in Berlin – Aus der Praxis für die Praxis"

Am 10. Mai 2019 besuchten rund 200 Gäste die Veranstaltung "Symposium Stromausfall" der Berliner Feuerwehr.

Hintergrund des Treffens war die Evaluierung des 31-stündigen und flächendeckenden Stromausfalls am 19. Februar im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick. 30.000 Haushalte, 2.000 Gewerbebetriebe, 2 Krankenhäuser und mehrere Pflegeeinrichtungen waren davon betroffen. Zur Bewältigung dieser Lage waren über 700 Einsatzkräfte verschiedener BOS im Einsatz. Im Rahmen des Symposiums referierten Expertinnen und Experten verschiedener Bereiche über die Erfahrungen und Lehren aus diesem Einsatz.

Chronologie der Ereignisse am 19. Februar:

Um 14:10 Uhr fielen zwei 110-kV-Leitungen aufgrund von Bauarbeiten an der Salvador-Allende-Brücke aus. Die Berliner Feuerwehr wurde darüber informiert. Wenige Minuten später folgten die ersten anlassbezogenen Einsätze. Erste Einsatzstellen waren Pflege-, Intensivpflege- und betreute Wohneinrichtungen. Frühzeitig erfolgte der Alarm für den „Stab Feuerwehr". Alle Freiwilligen Feuerwehren im Schadensgebiet wurden in den Dienst gerufen und die Feuerwehrhäuser sowie Fahrzeuge besetzt.

Im betroffenen Bereich und damit auch auf den Standorten der Freiwilligen Feuerwehren war die Stromversorgung vollständig ausgefallen. Eine Notstromversorgung konnte nur bedingt hergestellt werden. Die Feuerwache der Berufsfeuerwehr und die Feuerwehrhäuser der Freiwilligen Feuerwehren und weitere Standorte mit Einsatzfahrzeugen wurden im Schadensgebiet als Anlauf- und Meldestellen für die Bevölkerung eingerichtet. Die infrastrukturellen Einschränkungen für die betroffenen Menschen waren erheblich, denn sowohl Fernwärme als auch Mobilfunknetz waren nicht bzw. nur teilweise verfügbar. Festnetztelefonie war ebenfalls nicht möglich. Somit konnten auch keine Notrufe abgesetzt werden. Auch der Straßenverkehr war eingeschränkt, da weder Beleuchtung noch Ampelanlagen funktionierten. Einige Straßenbahnen blockierten Fahrwege.

Folgende Einsatzschwerpunkte kristallisierten sich heraus:

- ein privates Beatmungszentrum

- die Evakuierung einer Intensivstation einer Klinik

- die Notstromeinspeisung

- ein weiteres Krankenhaus

- 6 Seniorenheime

- Kontrolle von Herzpatientinnen und Herzpatienten

- Brandbekämpfung eines Notstromaggregats

- Bekämpfung eines Wohnhausbrandes

Insgesamt gab es 112 Einsätze in Verbindung mit dem Stromausfall.

Am 20. Februar um 21:22 Uhr war die Stromversorgung wieder hergestellt. Die Einsatzkräfte wurden in dem betroffenen Gebiet reduziert und die Intensivpatientinnen und -patienten zurückgeführt. Der Stab Feuerwehr beendete seine Arbeit und die Einsätze wurden wieder im Normalbetrieb disponiert.

Ablauf des Symposiums:

Nach den Grußworten von Staatssekretär Herrn Torsten Akmann eröffnete Landesbranddirektor Herr Dr. Karsten Homrighausen die Veranstaltung. Die Moderation der Veranstaltung und ein hervorragendes Zeitmanagement der vielen einzelnen Beiträge übernahm Herr Dr. Robert Rath, der Leiter des Landesamtes für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit. Der Ständige Vertreter des Landesbranddirektors, Herr Karsten Göwecke, gab einen Überblick über den Verlauf der Einsatztätigkeiten. Insgesamt dauerten diese Arbeiten 31 Stunden an.

Der Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, Herr Oliver Igel, stellte die getroffenen Maßnahmen zur Überbrückung des Stromausfalls vor. Dazu gehörten die Zusammenarbeit mit den Einsatzkräften, die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern, die Notunterbringung sowie die Schließung von Schulen. Der Leiter Stab Kommunikation der Berliner Feuerwehr, Herr Thomas Kirstein, berichtete darüber, wie man unterschiedliche Informationskanäle einsetzen kann, um wichtige Verhaltenstipps an die Bevölkerung zu übermitteln.

In weiteren Vorträgen schilderten verschiedene Experten und auch ein Anwohner des betroffenen Gebiets ihre Erlebnisse. Für den Stromnetzbetreiber referierte Herr Thomas Schäfer über die Havarie, die Störungsbeseitigung, das Einsatzkonzept und die Zusammenarbeit. Das Krisenmanagement der Gesundheitsverwaltung und eines betroffenen Krankenhauses wurden vorgestellt.

Vorträge von THW, Hilfsorganisation, Polizei und Freiwilliger Feuerwehr stellten ihre Einsatzmöglichkeiten und Tätigkeiten im Schadensgebiet dar. Ein wichtiges Thema für alle Organisationen war die Krisenkommunikation und Information der Öffentlichkeit. Ergänzend wurden themenbezogene Forschungsprojekte vorgestellt und deren Notwendigkeit betont.

In einer abschließenden Podiumsdiskussion wurde die Frage diskutiert, ob alle Beteiligten für einen solchen Einsatz gut vorbereitet sind. Außerdem wurde erörtert, ob und wie man sich in Zukunft noch besser vorbereiten kann. Teilnehmende der Podiumsdiskussion waren der Landesbranddirektor, Herr Dr. Karsten Homrighausen, der Abteilungsleiter III (Öffentliche Sicherheit und Ordnung), Senatsdirigent Herr Klaus Zuch, der Leitende Polizeidirektor, Herr Thomas Dublies, der Abteilungsleiter im BBK, Herr Dr. Wolfram Geier, der Präsident des Technischen Hilfswerks, Herr Albrecht Broemme, Vizepräsident/Landesarzt des Berliner Roten Kreuzes, Herr Jens-Uwe Retter, der Geschäftsführer von Stromnetz Berlin, Herr Thomas Schäfer, und der Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, Herr Oliver Igel.

Das gemeinsame Fazit:

Der Einsatz wurde von den Einsatzkräften und Fachdiensten professionell und gut gemeistert. Es gibt Verbesserungspotenzial und wir müssen uns noch intensiver vorbereiten. „Wenn sich in Krisen die Köpfe kennen, funktioniert die Zusammenarbeit!".

Dieser zeitlich begrenzte Stromausfall zeigte, wie die kritischen Infrastrukturen vom Strom abhängig sind. Ein weiterer Punkt war die Erkenntnis, dass sich auch die Bürgerinnen und Bürger besser vorbereiten müssen und die Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung in Krisensituationen gestärkt werden muss. Auch die Kommunikation und Informationsbeschaffung in solchen Lagen war ein wesentlicher Aspekt. Neben den Bürgertelefonen wurden Anlaufstellen vor Ort, an Feuerwachen und mobilen Stationen für die Bevölkerung organisiert. Die Reaktion der betroffenen Menschen auf den Stromausfall war von Ruhe und gegenseitiger Hilfe geprägt. Von Vorteil war hier auch der teilweise ländliche Charakter des Bezirks. Die ständige Präsenz von Polizei und Feuerwehr hat ebenso dazu beigetragen.

Alle Seiten reagierten rechtzeitig und bildeten Führungsstäbe. Die vorhandenen Stabskonzepte, darunter auch der Stab Feuerwehr in seiner Neuorganisation, haben sich bewährt. Durch den drohenden Ausfall eines Notstromaggregates mussten Patientinnen und Patienten einer Intensivstation verlegt werden. Ebenso wurden Beatmungspatientinnen und -patienten einer Pflegeeinrichtung in eine andere Einrichtung verlegt.

Verbesserungspotential gibt es im Bereich der Anlaufstellen und Informationen für Bürgerinnen und Bürger, die an bekannten Orten einzurichten sind. Datenbanken für die Übersicht über kritische Strukturen und Einrichtungen sowie auch über schwer pflegebedürftige Menschen können zu einer besseren Planung beitragen.

Fotos: Berliner Feuerwehr

(bh)